Neue Umsatzsteuer-Regelungen ab dem 1. Januar 2015
> Dezember 2014

Bei grenzüberschreitenden Geschäften und insbesondere bei über das Internet geschlossenen Verträgen stellt sich die Frage, ob und an welchem Ort Umsatzsteuer zu zahlen ist. Die europäische Richtlinie 2008/8/EG („Mehrwertsteuer-Paket“) hat bereits zum 01. Januar 2010 zu einer Umstellung auf das Bestimmungslandprinzip bei zwischenunternehmerischen („B2B“) sonstigen Leistungen geführt und diese damit weitgehend den zwischenunternehmerischen Lieferungen gleichgestellt. Wenn der Leistungsempfänger und der Leistungserbringer in verschiedenen europäischen Ländern ihre Unternehmen betreiben, schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer an dem Ort, an dem er sein Unternehmen betreibt. Von dieser Änderung waren nur Leistungen betroffen, die an umsatzsteuerliche Unternehmer, also nicht an Privatpersonen erbracht werden.

Ab dem 01. Januar 2015 erfolgt nun in allen EU Mitgliedstaaten ein weiterer Schritt des Mehrwertsteuer-Pakets. Nach der neuen Regelung sind folgende Leistungen an Nichtunternehmer („B2C“) an dem Ort zu versteuern, an dem der (private) Leistungsempfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat:

+ Telekommunikationsdienstleistungen (z.B. Festnetz-, Mobilfunk- und Internetleistungen),

+ Rundfunk- und Fernsehleistungen und

+ auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen (Leistungen, die über das Internet oder andere elektronische Netze erbracht werden, also z.B. Bereitstellung von Websites, Webhosting, Fernwartung von Programmen, Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung, Bereitstellung von Bildern, Texten, Informationen, Datenbanken, Musik, Filmen, Spielen, Fernunterrichtsleistungen).

Über das Internet bestellte Warenlieferungen sind von der Neuregelung nicht betroffen.

Die Folge ist, dass europäische Unternehmen in jedem EU-Mitgliedsstaat, in dem sie die genannten Leistungen an private Kunden erbringen, den jeweiligen lokalen umsatzsteuerrechtlichen Regelungen und damit einhergehenden Meldepflichten unterliegen. Ab dem 01. Januar 2015 müssen die Leistungen daher in jedem EU-Mitgliedsstaat mit dem dortigen Umsatzsteuersatz abgerechnet werden. Da die Umsatzsteuersätze in der EU von 3 % bis 27 % variieren, können die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen insbesondere in Bezug auf die Preisgestaltung erheblich sein.

Um zu verhindern, dass die betroffenen Unternehmen sich in jedem einzelnen Land umsatzsteuerlich registrieren lassen müssen, enthält das Mehrwertsteuer-Paket mit dem sogenannten Mini-One-Stop-Shop-Verfahren eine Ausnahmeregelung (Deutsch: Kleine einzige Anlaufstelle, KEA). Diese sieht für die Unternehmen vor, dass eine zentrale Erklärung und Zahlung der Umsatzsteuer aus den genannten Leistungen an die zuständige nationale Behörde erfolgen kann (in Deutschland ist es  das Bundeszentralamt für Steuern, BZSt). Die Erklärung muss bis zum 20. Tag nach Quartalsende vorliegen und die Zahlung kann im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens geleistet werden. Die zuständige Behörde übernimmt sodann die Verteilung auf die einzelnen Staaten.

Ob Ihr Unternehmen von der Neuregelung bei grenzüberschreitenden Leistungen betroffen ist, sollte kurzfristig überprüft werden, um die erforderlichen Änderungen der unternehmensinternen Prozesse, Preisgestaltung und IT-Systeme sowie ggfs. eine Anpassung der Verträge und Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzunehmen. Die Registrierung für das Mini-One-Stop-Verfahren ist bereits seit dem 01. Oktober 2014 beim BZSt möglich und sollte zusammen mit den Prozessen für die Meldung der zu erklärenden Daten schnellstmöglich vorbereitet werden. Weitere Informationen über den Registrierungsprozess und die Meldungen sind beim BZSt verfügbar.