Rechtsrahmen für den Wirtschaftsverkehr mit dem Iran
> Juni 2016

Seit dem 16. Januar dieses Jahres sind die Handelssanktionen gegen den Iran weitestgehend aufgehoben. Geschäfte mit dem iranischen Öl- und Gassektor sind nun wieder erlaubt. Die Finanzsanktionen mit den aus ihr resultierenden Melde- und Genehmigungspflichten für den Zahlungsverkehr mit dem Iran sind entfallen. Ebenso das allg. Versicherungsverbot. Schließlich sind zahlreiche iranische Personen und Unternehmen von der Sanktionsliste gestrichen worden. Wie groß das Interesse der deutschen Unternehmen an Geschäftstätigkeiten mit dem Iran seither ist, manifestiert sich an der Anzahl der vielen Wirtschaftsdelegationen, die in der jüngsten Zeit den Iran bereist haben. Das Interesse der deutschen Wirtschaft an dem Iran lässt – zumindest aus Beratersicht – auch das iranische Rechtsystem in den Fokus des Interesses rücken. Denn die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen ist zur Abschätzung und Reduzierung von Risiken jeglicher Art unerlässlich.

Grundpfeiler des iranischen Wirtschaftsrechts ist zunächst das iranische Zivilgesetzbuch (iZGB) das bereits im Jahre 1929 erlassen wurde. Es ist inhaltlich eine Kodifikation schiitisch-islamischen Rechts, orientiert sich in Struktur und Aufbau jedoch stark an dem französischen Code civil, der den Verfassern des iranischen Zivilgesetzbuches als Vorlage gedient hat. Vor diesem Hintergrund dürften die vielen Parallelen zur französischen Zivilrechtsdogmatik nicht überraschen. Die Privatautonomie sowie die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit sind wesentliche Grundsätze des iranischen Zivilrechts, die in Art. 10 des iZGB ihren Niederschlag gefunden haben.

Ein weiterer Grundpfeiler des iranischen Wirtschaftsrechts ist das iranische Handelsgesetzbuch aus dem Jahre 1932, ergänzt durch das Reformgesetz von 1965. Es beherbergt neben dem Recht der Kaufleute insbesondere auch das iranische Gesellschaftsrecht. Das iranische Gesellschaftsrecht kennt eine Unterteilung in Personen- und Kapitalgesellschaften, wobei hier die Kapitalgesellschaften von Interesse sein dürften. Zu nennen sind die sog. Sherkat ba masouliat-e mahdoud, die der GmbH entspricht, sowie die Aktiengesellschaft, die sog. Sherkat-e Sahami khas. Ein Mindestkapital ist bei der iranischen GmbH nicht vorhanden. Bei der Aktiengesellschaft beträgt es 1.000.000,00 IR. Zur Gründung sind bei der iranischen GmbH mindestens zwei und bei der AG drei Gesellschafter erforderlich

Für ausländische Unternehmer und Investoren spielt insbesondere das Investitionsschutzgesetz aus dem Jahre 2002 eine Rolle. Als Folge des sog. Forreign Investment Promotion and Protection Acts ist es seither für ausländische Investoren unter Beachtung des in dem Gesetz beschriebenen Verfahrens möglich, zu 100 % Gesellschafter einer iranischen Gesellschaft zu werden.

Hierneben sind in dem Forreign Investment Promotion and Protection Act auch weitere Schutzstandards für ausländische Investoren enthalten. Diese werden überlagert durch zahlreiche Investitionsschutzabkommen, die der Iran mit anderen Staaten geschlossen hat. Hierzu zählt insbesondere auch Deutschland, mit das ein Abkommen seit 2005 in Kraft ist. Dieses Abkommen bietet u. a. Schutz vor Enteignungen und enteignungsgleichen Eingriffen sowie vor Diskriminierung. Für den Fall, dass sich ein deutscher Investor in seinen Schutzrechten, sei es aus der FIPPA oder aus dem Abkommen verletzt sieht, wird ihm die Möglichkeit eröffnet gegen den Iran ein Schiedsverfahren einzuleiten.

Der Iran ist seit 2002 Unterzeichnerstaat des New Yorker Übereinkommens von 1958, nach dessen Maßgabe es sich zur Anerkennung und Vollstreckung von im Ausland ergangenen Schiedssprüchen verpflichtet hat. Zudem hat der Iran im Jahre 1997 Gesetz über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (SchiedsG) erlassen, das auf dem UNCITRAL-MG von 1985 beruht. Dieses wurde als Vorschlag von der United Nations Commission for International Trade Law zum Zwecke der Rechtsvereinheitlichung erarbeitet und vom Iran mit einigen wenigen Änderungen übernommen.

Es eröffnet den Parteien dem internationalen Standard entsprechend zahlreiche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Schiedsverfahren. Neben der Sprache und den Verfahrensregeln können die Parteien im Anwendungsbereich des SchiedsG insbesondere nun auch das auf die Streitigkeit anwendbare materielle Recht freiwählen.

Eine sich hierbei aus dem iranischen Recht ergebende, wichtige Beschränkung ist der Parlamentsvorbehalt des Art. 139 der iranischen Verfassung. Demnach besteht ein Zustimmungsvorbehalt des Parlaments bei Schiedsklauseln in Verträgen zwischen Ausländern und der öffentlichen Hand, wobei nach iranischer Leseart auch privatrechtlich organisierte Unternehmen mitumfasst sind, die im Staatseigentum stehen. Bei solchen Verträgen muss das iranische Parlament noch vor Einleitung des Schiedsverfahrens seine Zustimmung erteilen. Ob diese Zustimmung auch im Anwendungsbereich von Bilateralen Investitionsschutzabkommen, wie bspw. mit Deutschland, Anwendung findet, wird in der iranischen Literatur heftig diskutiert.
Autor: Bahram Ardehali > beck middle east

Kontakt: