Aktuelle Entscheidung des OLG München zu Widerrufsbelehrungen mit sogenanntem Ankreuzmodell
> August 2015

Das OLG München hat mit Urteil vom 21.05.2015 (OLG München, Urt. v. 21.05.2015 – Az. 17 U 334/15) entschieden, dass Widerrufsbelehrungen welche u.a. das Ankreuzmodell (auch sog. Checkbox-Modell oder Baukasten-System) enthalten, nicht ordnungsgemäß sein können. Ferner sei die Formulierung in der Widerrufsbelehrung: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach §492 Abs. 2 BGB…” für den Darlehensnehmer unverständlich.

Aus dieser Belehrung kann der Verbraucher nicht ersehen, ob die Widerrufsfrist nunmehr für ihn beginnt oder nicht, so das OLG München.

Schließlich hielt das Gericht für die konkrete Widerrufsbelehrung fest, dass die Widerrufsbelehrung allein aufgrund ihrer optischen Gestaltung als nicht ordnungsgemäß anzusehen sei.

Praxisrelevanz:
Eine nicht ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung benachteiligt den Verbraucher und dieser kann auch nach Ablauf der gewöhnlichen Widerrufsfrist von 14 Tagen sein Recht zum Widerruf ausüben (sog. „ewiges Widerrufsrecht“, „Raus aus teuren Krediten“ und „Vorfälligkeitsentschädigung zurück“), weil die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Verbraucher könnten aus diesem Grund einen möglichen Widerruf ihres Darlehensvertrags prüfen lassen. In der Entscheidung des OLG München wurde darüber hinaus auch der Anspruch auf Erstattung einer bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung aus einem vollständig abgewickelten Darlehensverhältnis zugunsten des Verbrauchers ausgesprochen.

Tragweite:
Von dieser Entscheidung sind insbesondere Darlehensverträge aus den Jahren 2011 bis 2013 betroffen. Das betreffende Muster mit dem Ankreuzmodell bzw. Checkbox-Modell wurde in diesem Zeitraum angewandt.

Das Besondere an diesen Widerrufsbelehrungen war, dass diese für verschiedene vertragliche Konstellationen, diverse Belehrungsinhalte vorsahen. Ausgewählt wurden die unterschiedlichen Belehrungsvarianten durch ein Ankreuzmodell (sog. Checkboxen-Modell). Somit musste der Darlehensnehmer jeweils anhand der Ankreuzung feststellen, welcher Gestaltungshinweis für seinen aktuellen Darlehensvertrag einschlägig war.

Was äußern andere Gerichte?
Bei genauerer Betrachtung des Urteils des OLG München vom 21.05.2015 wird jedoch deutlich, dass das OLG München  Verbrauchern keinen Freibrief für den Widerruf von Darlehen erteilt hat. Es wäre also verfrüht, mit Blick auf das vor einem Jahr ergangene bankenfreundliche Urteil des OLG Stuttgart von einem Richtungswechsel der Rechtsprechung für die Checkbox-Fälle zu sprechen.

Mit Urteil vom 24.04.2014 hatte bereits OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.04.2014 – Az. 2 U 98/13, Volltext) das Baukastensystem (Ankreuzmodell) für bedenkenlos gehalten. Die Richter aus Stuttgart waren der Meinung, dass der normale Verbraucher alltäglich mit Formularen konfrontiert werde, bei denen anschaulich Textteile oder Klauseln durch Kasten zum Ankreuzen markiert werden. Folglich würde der Verbraucher durch die Ankreuzmöglichkeit nicht überfordert.

Gleichwohl ist das OLG München nunmehr der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrungen in damaliger Form bereits nicht dem optischen Deutlichkeitsgebot entsprachen, weil die Widerrufsbelehrung nicht in hervorgehobener und deutlicher Form gestaltet war.

Sprechen Sie uns an!
Informieren Sie sich gern weiter zum Thema Ankreuzmodell, Widerruf und Vorfälligkeitsentschädigung. Ansprechpartner sind Herr Rechtsanwalt Haas oder seine Kollegen.